Kartografieren, Aufbauen, Vernetzen: Mit diesen drei Maßnahmen wird ab sofort die Digital-Health-Landschaft in Nordrhein-Westfalen systematisch gestärkt.
Wie das im Detail funktioniert? Das präsentierten Prof. Sebastian Merkel (RUB), Dr. Andreas Rothgangel (Healthcare Living Lab Düsseldorf) und Lukas Kohut-Piechulek (WorldFactory Startup Center der RUB) am 1. Dezember auf der Kick-Off-Veranstaltung DigiHealthStart.NRW – Digital Healthcare Startup Ökosystem NRW (hier geht es zur Agenda und hier zur Aufzeichnung).
Die 3 Pfeiler des Digital Healthcare Startup Ökosystems NRW
Kartografieren: Basis und Ausgangspunkt aller Aktivitäten ist die Erhebung und Analyse des Status quo von Digital-Health-Startups in NRW, so Sebastian Merkel. Er und sein Team haben begonnen, die Landschaft der digitalen Gesundheitswirtschaft zu beschreiben und planen eine fortlaufende Analyse – zeitlich, räumlich, inhaltlich.
„Um Start-ups in der digitalen Gesundheitswirtschaft besser unterstützen zu können, ist es zunächst wichtig, zu wissen, welche Unternehmen mit welchen Innovationen sich in NRW finden lassen. Diese dynamische Landschaft wollen wir abbilden und darauf aufbauend die vielfältigen Herausforderungen und deren Lösungen analysieren.“
Prof. Sebastian Merkel, Professur für Gesundheit und E-Health, Ruhr-Universität Bochum
Aufbauen: Zweites Standbein des Projekts sind Healthcare Living Labs. Dies sind Räume, in denen sich alle Akteur*innen der digitalen Gesundheit begegnen und voneinander lernen können: Nutzer*innen, Gründer*innen, Kostenträger und Wissenschaftler*innen. Das erste Healthcare Living Lab entsteht zur Zeit in Düsseldorf unter der Regie von Andreas Rothgangel.
„Wir wollen dabei helfen, in NRW Förderstrukturen zu etablieren, die sich explizit an Gründer:innen in der digitalen Gesundheitswirtschaft richten und diese unterstützen. Living Labs, also nutzer:innenzentrierten, offenen Innovationsräumen, kommt hier eine zentrale Bedeutung zu. Hier finden die Akteure des Gesundheitswesens zusammen, um gemeinsam an Herausfordernden und deren Lösungen zu arbeiten.“
Dr. Andreas Rothgangel, Healthcare Living Lab Düsseldorf
Vernetzen: Dritter Pfeiler, oder vielmehr eine kontinuierliche Begleitung aller anderen Aktivitäten, ist die Vernetzung der Akteur*innen untereinander. Unter den sehr speziellen Voraussetzungen der Gesundheitswirtschaft – etwa in regulatorischer und ökonomischer Hinsicht – kann kein junges Unternehmen ohne Wissensaustausch mit anderen überleben. Hier hilft Lukas Kohut-Piechulek mit dem WorldFactory Startup Center der RUB.
Die Akteurslandschaft im Gesundheitssektor ist vielfältig. Wir wollen dazu beitragen, Gründer:innen mit Kostenträger:innen, medizinischen Anwender:innen und Patient:innen zu vernetzen. Darüber hinaus unterstützen wir den Erfahrungs- und Wissensaustausch innerhalb der Start-up-Szene.
Lukas Kohut-Piechulek, WorldFactory Startup Center
Vor Ort und virtuell in den NRW-Hubs
Vor allem für die Vernetzung aller Beteiligten müssen in herausfordernden Zeiten neue, ungewöhnliche Wege gefunden werden.
Das Kick-Off-Event in der Rotunde Bochum war daher eine Premiere in mehr als einer Hinsicht: Nicht nur als Auftakt des landesgeförderten Projekts, sondern auch als innovative Hybrid-Veranstaltung. Diese brachte die Speaker*innen aus Düsseldorf, Berlin und allen DWNRW-Hubs virtuell nach Bochum und zu den mehr als 120 live zugeschalteten Zuschauer*innen auf YouTube.
Alles im Zeichen der Leitfrage des Nachmittags:
Wie können in NRW die Startbedingungen für Digital-Health-Gründungen noch weiter verbessert werden?
Startup-Szene: gute Ausgangsbedingungen für NRW
Nach einem Grußwort von Staatssekretär Christoph Dammermann aus dem NRW-Wirtschaftsministerium führte Prof. Jörg Debatin mit seiner Keynote „The place to be… ist hier“ ins Thema ein. Dieser führt seit 2019 als Chairman den health innovation hub (hih) in Berlin – den Think Tank in Sachen Digitalisierung für das Bundesministerium für Gesundheit und andere Akteure.
Fazit von Jörg Debatin: In den letzten zwei Jahren sind viele Hürden der Digitalisierung im Gesundheitswesen aus dem Weg geräumt worden – siehe beispielsweise Videosprechstunde und digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa). Deutschland hat im internationalen Vergleich aufgeholt.
Gilt das auch für NRW? Prof. Debatin attestiert gute Ansätze und Entwicklungspotenziale. Es brauche aber mehr Gemeinsamkeit und Konzentration auf lokale und regionale Stärken. Innerhalb von NRW könne etwa Aachen als gutes Beispiel dienen, mit seiner Verzahnung der Universitätsmedizin mit der Gesundheitswirtschaft.
Auch über NRW hinaus kämpften Startups in der digitalen Gesundheitsbranche, abgesehen von verbleibenden regulatorischen Hürden, vor allem mit zwei Herausforderungen: Datenschutz müsse mit der notwendigen Expertise von vornherein mitgedacht werden.
„Wir brauchen von Anfang an eine Kultur von Datensicherheit und Datenschutz.“
Prof. Jörg Debatin, health innovation hub (hih)
Und ebenso bräuchten die Startups Kompetenzen in der Generierung von medizinische-wissenschaftlicher Evidenz. Die 12 Monate, in denen Startups positive Versorgungseffekte nachweisen könnten, um final ins DiGa-Verzeichnis aufgenommen zu werden, müssten gut genutzt werden.
Die Stärken der Regionen: Blicke in die DWNRW-Hubs
Das Ausspielen regionaler Stärken, die Verzahnung von Wissenschaft, Wirtschaft und Patientenversorgung und die realitätsnahe Evaluation: Wie gut die NRW-Gesundheitswirtschaft in diesen Bereichen bereits aufgestellt ist, zeigte das Herzstück der Kick-Off-Veranstaltung.
Eine virtuelle Rundreise führte durch alle DWNRW-Hubs – von Aachen über Bonn und Düsseldorf bis nach Münster, ins Ruhrgebiet und mit einem Abstecher in die Niederlande zurück nach Aachen. In allen Hubs kamen Gründer*innen und Kooperationspartner*innen zu Wort – einige davon auch vor Ort in Bochum.
Die beteiligten Start-ups und weitere Digital Health-Unternehmen finden Sie hier: www.digihealthstart.nrw
So geht’s weiter
Trotz oder wegen des ungewöhnlichen Veranstaltungsformats kam ein guter Schuss Startup-Euphorie bei Teilnehmer*innen und Organisatoren an, so resümierte Mitorganisator Prof. Sebastian Merkel zum Schluss.
Doch auch die kritischen Anmerkungen trafen auf offene Ohren und werden sich im weiteren Verlauf des Projekts spiegeln – so vor allem die Notwendigkeit von mehr Vernetzung und dem Teilen von Spezialwissen, wie auch die noch weitergehende Fokussierung auf regionale und lokale Stärken.
Weitere Veranstaltungen zum Thema Digital Healthcare sind für 2021 geplant und werden zeitnah auf der Seite der WorldFactory der RUB angekündigt. Unter www.digihealthstart.nrw ist seit kurzem die angekündigte Plattform für die Vernetzung innerhalb der digitalen Gesundheitswirtschaft zu finden und unter www.healthlab.nrw wird der aktuelle Stand zum Aufbau des Healthcare Living Labs in Düsseldorf präsentiert.
Um dem Aufruf zur weiteren Vernetzung gerecht zu werden, freuen sich die Organisatoren über weitere Kontakte und Kooperationsanfragen:
Prof. Dr. Sebastian Merkel
Dr. Andreas Rothgangel
Lukas Kohut-Piechulek