Ärzte gegen Vorratsdatenspeicherung (VDS)

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) und die entsprechenden Kammern der psychologischen Psychotherapeuten, Apotheker und Zahnärzte haben sich gegen den Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) ausgesprochen.

Grund:

Mitarbeiter von Sorgentelefonen sollen von der VDS ausgenommen werden – Ärzte und andere Gesundheitsberufe dagegen nicht.

Zitat aus dem Entwurf:

Verfassungsrechtlich sei es jedoch geboten, zumindest für einen engen Kreis von auf besondere Vertraulichkeit angewiesenen Telekommunikationsverbindungen ein grundsätzliches Übermittlungsverbot vorzusehen. Zu denken sei hier etwa an Verbindungen zu Anschlüssen von Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen, die grundsätzlich anonym bleibenden Anrufern ganz oder überwiegend telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten und die selbst oder deren Mitarbeiter insoweit anderen Verschwiegenheitsverpflichtungen unterliegen (vgl. § 99 Absatz 2 TKG).

(Quelle: Regierungsentwurf vom 22.05.2015 auf den Seiten des Bundesministeriums für Justiz)

Die gespeicherten Daten von Berufsgeheimnisträgern – mit Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 StPO, also unter anderem Ärztinnen und Ärzten – sollen laut Leitlinien zur Einführung der VDS lediglich „Verwendungs- und Verwertungsverboten“ unterliegen, die in den Leitlinien nicht weiter bezeichnet werden.

Paradoxerweise wird das in den Leitlinien zum Gesetz damit begründet, dass man die informationelle Selbstbestimmung der Berufsgeheimnisträger schützen wolle:

Warum kann im TKG keine Möglichkeit vorgesehen werden, alle Berufsgeheimnisträger von der Speicherpflicht auszunehmen?

Wie auch im Deutschen Bundestag schon zutreffend vorgetragen wurde, ist es unter Datenschutzgesichtspunkten nicht vertretbar, eine Art Datenbank mit Berufsgeheimnisträgern und ihren Rufnummern anzulegen und bei allen TK-Anbietern zu hinterlegen. Der Eingriff in deren Berufsfreiheit und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wäre größer als der Nutzen, der in der Ausnahme von der Speicherung liegt. Bei dynamischen IP-Adressen ist eine Ausnahme technisch gar nicht möglich.

(Quelle: Leitlinien zur Einführung der VDS auf den Seiten des Bundesministeriums für Justiz)

Laut FAQ zum Gesetz gibt es in Deutschland ca. 1000 Telekommunikationsanbieter, bei denen aktuelle Listen der Berufsgeheimnisträger vorliegen müssen, um ihre Daten von der VDS auszunehmen.

Dazu muss man folgende Punkte festhalten:

  1. Wenn die Daten gespeichert werden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass jemand sie früher oder später auswertet (sei es eine neue Regierung, oder, vielleicht noch schneller, ein profitorientierter Angreifer, der sich unrechtmäßigen Zugriff auf die Daten verschafft).
  2. Die Berufsgeheimnisträger sind selbst gar nicht gefragt worden, was für sie einen größeren „Eingriff in deren Berufsfreiheit und ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ darstellt – die VDS oder die Ausnahme von der VDS. (Die Betreiber und Mitarbeiter von sozialen und kirchlichen Einrichtungen, die „grundsätzlich anonym bleibenden Anrufern ganz oder überwiegend telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten“ übrigens auch nicht – deren informationelle Selbstbestimmung ist also entweder nicht so wichtig oder wird durch Ausnahme von der VDS besser geschützt als die der Ärzte.)
  3. Wenn die schönen Worte von der informationellen Selbstbestimmung ernst gemeint wären, könnte man* ganz einfach jeden Berufsgeheimnisträger individuell entscheiden lassen, ob er möchte, dass seine Daten den TK-Unternehmen zur Vermeidung der VDS mitgeteilt werden.

* Eigentlich sollte der Satz hier so weitergehen: „auf das Gesetz zur VDS verzichten.“ Nun ja.