Neulich… beim Innovationforum HelpCamps

Hallo mal wieder, liebe Leserinnen und Leser! Wie in meinem vorletzten Blogbeitrag angesprochen, hat mich die Idee der HelpCamps aufgrund der Zielsetzung und Ausrichtung (Schaffung eines auf Co-Working angelegten Netzwerks durch Zusammenarbeit von Unternehmern, fachlich qualifizierten Handwerkern, Menschen mit Beeinträchtigung, Wissenschaftlern und Makern) begeistert. Deswegen war ich im März auf dem Innovationsforum der HelpCamps in Kamp-Lintfort.

Auf zur Hochschule Rhein-WaalFragezeichen für Gudruns Kolumne

Nach stressfreier Anreise zur Hochschule Rhein-Waal führte mich mein Weg genau durch die beiden rechts und links angesiedelten großen „Maschinenhallen“ des FabLab. Diese sahen nicht nur modern, sondern auch sehr beeindruckend aus. Für mich als Nicht-Techniker zumindest. Riesige 3D-Drucker, überdimensionale Schneidemaschinen und viele Geräte mehr, deren genaue Funktion für mich nicht erkennbar war. Der Morgen ist schön, aber kalt, ich staune daher nicht zu lange. Am Empfang ist alles bestens organisiert und klappt reibungslos. Also ab in den Hörsaal.

Vorträge: FabLabs, Urheberrecht, KISS

Nach Eröffnung und Begrüßung durch die Projektleitung HelpCamps starten die Fachvorträge.

Was ein FabLab ist und welche Ziele die Hochschule Kamp-Lintfort damit verfolgt: Das waren die Themen des einleitenden Vortrags von Prof. Dr. Karsten Nebe, dem Leiter des FabLab. Ein FabLab – fabrication laboratory oder auf Deutsch Fabrikationslabor – ist eine hochmoderne Werkstatt für digitale Fertigung. Oder, wie es Professor Nebe formuliert, ein (Frei-)Raum mit technischen Möglichkeiten, in dem Menschen, sogenannte Maker, unter Einsatz ihrer Zeit kreativ und lösungsorientiert industrielle Produktionsverfahren für die Anfertigung von Einzelstücken ausprobieren können. Maker sind Leute, die unter Einsatz moderner Technik im Do-It-Yourself-Verfahren Dinge erschaffen: Sie machen einfach.

Massenproduktion und FabLab schließen sich aus – jeder Privatperson stehen die Produktionsanlagen nur für individualisierte Projekte und selbstbestimmte Hilfsmittelversorgung zur Verfügung. Ganz interessant fand ich, dass das FabLab in Kamp-Lintfort eines der größten in Deutschland und weltweit ist. Innovation in NRW.

Eine gute Überleitung zum zweiten Vortrag von Dr. Oliver Lehmkühler, dem Clustermanager des Clusters InnovativeMedizin.NRW. Er stellte die Leuchtturm-Initiative „NervenSinneTechnik.NRW“ vor. Diese will Unterstützung bei Störungen des zentralen und peripheren Nervensystems und der Sinnesorgane bieten. Durch Einsatz von Informationstechnologie bzw. technologischen Verfahren sollen dabei die beeinträchtigten oder bereits verlorenen motorischen, sensorischen, kognitiven und/oder emotionalen Fähigkeiten des Menschen verbessert oder wiederhergestellt werden. Weiteres Ziel ist die Schaffung von Netzwerkstrukturen, um transdisziplinäre Innovationspartnerschaften zu fördern.

Den anschließenden dritten Vortrag hat Christina zum Thema Cyborgs und Patient Empowerment gehalten. Da Christina dazu im Blog schon einiges geschrieben hat, an dieser Stelle nur ganz kurz: Die e-Patient-Bewegung (e = electronic & empowered) zielt darauf ab, dass sich der Patient aktiv und aufgeklärt am Heilungsprozess beteiligt. Der Patient ist oder wird Experte für seine Krankheit. Empowerment bezieht sich dabei auf Datenrechte, die Informationssammlung sowie das Qualitäts- und Sicherheitsmanagement. Die Patienten sollen selber Gesundheitsdaten sammeln (dürfen) – hier gibt es ein paar Gemeinsamkeiten mit der Quantified-Self-Bewegung – und auf Augenhöhe mit den Medizinern kommunizieren können.

Auch die Cyborg-Bewegung passt sich hier ein, denn die Frage ist: Wenn eine Sinnesmodalität durch eine andere (technische) ersetzt wird, wem stehen die Daten bzw. Rechte an der implantierten Technik zu? Wer ist z. B. berechtigt, technische Spezifikationen von Implantaten zu erhalten? Welche Rechte hat der Patient in diesem Bereich? Quintessenz: Vieles ist hier noch offen und ungeklärt. Und als Patient muss man oft einen langen Weg beschreiten, um an gewünschte Implantatdaten zu gelangen.

Das Thema Rechte beleuchtete die vierte Referentin, Juristin Johanna Böck-Heuwinkel. Mein Fazit ihres Fachvortrages: Bei der individuellen Herstellung von Hilfsmitteln für Menschen mit Beeinträchtigungen gibt es eine starke Unterscheidung zwischen einer privaten und einer gewerblichen Nutzung. Privat geht es üblicherweise nur um Einzelstücke für den Eigengebrauch – dies ist rechtlich in der Regel unkritisch. Ansonsten sind immer Fragestellungen in unterschiedlichen Rechtsbereichen wie zum Beispiel dem Urheberrecht oder dem Medizinproduktegesetz zu beachten. Dies gilt im Zweifel auch schon dann, wenn mittels 3D-Druck im FabLab etwas für Bekannte hergestellt wird. Und erst recht, wenn Dinge weiterverkauft werden sollen.

Design, Make, Share & Learn sind die Stichworte, die ich mir zum Vortrag von Jiannis Giatagantzidis vom FabLab Siegen notiert habe. Er berichtete über das Forschungsprojekt „Digitale Fabrikationsinfrastrukturen in der interdisziplinären Hochschulbildung“. Die Labs/Spaces sollen als integrative Orte für alle Interessierten dienen und die dort entwickelten „sozialen Innovationen“ (also z.B. individualisierte Hilfsmittel) können Perspektiven für Studienprojekte bieten – weltweit. Letztlich werden so humanitäre Themen in die Lehre integriert. Und über globale Kooperationen werden Co-Design und lokale Lösungen angestoßen und realisiert.

Der Titel des nächsten Vortrages passt optimal zum Motto des HelpCamps: Selfmade. Selbstbestimmung und Kommunikation durch inklusive MakerSpaces. Primär geht es in den Spaces um die Herstellung von Produkten bzw. Hilfsmitteln, die die Krankenkassen nicht übernehmen, die aber den Alltag erleichtern. Und es auch hier natürlich um: individuelle Lösungen, vorrangig mithilfe des 3D-Drucks.

Aber wie muss denn ein inklusiver MakerSpace überhaupt gestaltet sein? Räumlich ebenso wie im Bereich Kommunikation (wie verständlich ist zum Beispiel ein Produktionsablauf für unterschiedliche Teilnehmer). Was sind Voraussetzungen für Barrierefreiheit, was muss beachtet und wie kann dies realisiert werden?

Hierzu hat das „Dortmunder Büro für unterstützte Kommunikation“ eine Barrierecheckliste für MakerSpaces erstellt. Diese wird durch die Referentin, Hanna Linke, in Auszügen erläutert. Bei den Prinzipien der Barrierefreiheit gefällt mir eine Regel ganz besonders, die KISS-Regel: KISS steht dabei für „Keep it short and simple“. Das unterschreibe ich sofort!

Der letzte Vortrag „Made for my Wheelchair“ stellte vor, wie der Alltag von Rollstuhlnutzern erleichtert werden kann, wenn auf die Wünsche der Nutzer wirklich eingegangen wird – gemeinsam mit ihnen. Denn sie sind die Experten für ihr Anliegen (war da nicht was in Christinas Vortrag, das sehr ähnlich klang…?). Im Fokus des Projektes steht ganz klar die Nutzerbetrachtung. Und auch hier wieder: Co-Creation, also Entwicklung von Produkten gemeinsam mit Nutzern für die jeweiligen spezifischen Anforderungen. Die User als Experten für die Aufgabenstellung und die Maker als Diejenigen, die technisch umsetzungsstark sind. Zusammen finden sie als Maker-Experts individuelle Lösungen. Ob es um Licht und Beleuchtung eines Rollstuhls geht wie im Vortrag dargestellt oder um andere Rollstuhl-Add-Ons – wie z.B. Schneeketten – eine Matching-Plattform soll Menschen mit Beeinträchtigung im Projekt Made for my Wheelchair von Makea Industries GmbH, dem FabLab Berlin und dem Berliner Kreativkollektiv be able e. V., und Maker zusammenbringen.

Fazit: Tun!

Es ist viel Dynamik, Offenheit und Enthusiasmus im Projekt HelpCamps zu spüren. Und es geht vor allem um eins: Anliegen formulieren, kreativ sein, Ideen verfolgen, Querdenken und Machen. Ganz besonders um das Machen. Und das gemeinsame Tun. Synergien nutzen. Andere Perspektiven. „Co“ oder Kooperation wird oft genannt. Make the World a Better Place. Und dazu kann jeder, wirklich jeder etwas beitragen.

Neugierig geworden? Hier geht es zur Seite der HelpCamps.

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