Interview: Vertrauen online – Startup berät bei medizinischen Fragen

Hallo liebe Leserinnen und Leser, wir haben uns erneut in der Startup-Szene der digitalen Gesundheitswelt umgehört und stellen Ihnen dieses Mal ein Angebot aus Hamburg vor:
Leibdoctor – ärztliche Online-Beratung bei medizinischen Fragen aller Art.

Frau Dr. Fräderich, wie entstand die Idee, Leibdoctor zu gründen?

Die Idee Leibdoctor zu gründen entstand aus persönlicher Erfahrung heraus während der schweren Krankheit unserer Mutter. Uns fiel auf, dass es sowohl in den Praxen als auch im Krankenhaus mittlerweile derartige Missstände in der Patientenbetreuung gibt, dass Patienten zum Teil regelrecht durchs Raster fallen. Der Informationsfluss durch Ärzte findet – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt statt. Als Patient hat man kaum noch die Möglichkeit alle medizinischen Fragen zu stellen und auch verständliche Antworten zu erhalten. Das Vertrauensverhältnis bleibt so oft auf der Strecke. Außerdem entstehen bei schwerer Krankheit noch so viele bürokratische „Nebenkriegsschauplätze“, die es den Patienten erschweren sich einfach nur um ihre Gesundheit zu kümmern.

Daher erschien uns Leibdoctor als passende Antwort auf die konkrete Misere der aktuellen medizinischen Beratungssituation. 

Wie werden die Klienten auf Leibdoctor aufmerksam und was sind Gründe, warum sich Klienten für Leibdoctor entscheiden?

Viele Klienten werden mittlerweile durch Mundpropaganda auf uns aufmerksam, was uns natürlich sehr freut. Prinzipiell werden wir als Online-Beratungsagentur jedoch ganz simpel durch die Onlinesuche gefunden.

Unsere Klienten berichten uns immer wieder, dass sie sich ganz bewusst für die Betreuung durch Leibdoctor entscheiden, weil ihnen der persönliche Aspekt gefällt und wir ein wirkliches Vertrauensverhältnis aufbauen. Sie fühlen sich bei uns einfach gut aufgehoben und scheuen sich nicht, sämtliche Fragen bezüglich ihrer Gesundheit mit uns zu besprechen.

Leibdoctor versteht sich als medizinische Beratungsagentur. Das Angebot umfasst medizinische Beratung und Begutachtung in der Regel ausschließlich online – wer sind die Kunden, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen?

Unsere Klienten sind breit gefächert; ihnen ist jedoch gemein, dass sie ein großes medizinisches Interesse haben und sich bisher durch ihre medizinische Betreuung nicht gut informiert oder sogar allein gelassen fühlten.

Wir haben beispielsweise Klienten mit Anfang 70, die sich aufgrund ihrer vielfältigen Erkrankungen vor jedem Arztbesuch mit uns austauschen, damit sie zum einen informiert sind und zum anderen bereits genau wissen, was sie mit ihrem Facharzt besprechen möchten.

Wir betreuen auch viele chronisch Kranke, mit denen wir zusammen die passenden Spezialisten oder Zentren für sie suchen und mit denen wir all die mannigfaltigen medizinischen Fragen besprechen, die im Verlauf einer solchen Krankheit anfallen.

Auch werden wir von vielen Ratsuchenden kontaktiert, bei deren Angehörigen oder bei denen selbst eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde. Gerade wenn einem durch diese Diagnose der Boden unter den Füßen weggerissen wird, ist es wichtig, beratende Unterstützung zu haben. In diesen Fällen begleiten wir unsere Klienten online die ganze Zeit und besprechen wirklich alles, was sie zu ihrer Erkrankung wissen möchten und sollten.

Vielfach wenden sich aber auch medizinisch Interessierte an uns, die beispielsweise nur einen MRT-Befund übersetzt und erklärt haben möchten oder die sich ihre Blutwerte erläutern lassen. Oder ganze Familien, die mit uns zusammen ihre Patientenverfügungen maßschneidern und von uns aufsetzen lassen.

Wie gerade bereits angesprochen, versteht sich Leibdoctor als Online-Angebot und ist telefonisch für Interessenten nicht erreichbar. Warum wurden die Kontaktwege so gewählt und welche Vor- und/oder Nachteile ergeben sich aus Ihrer Sicht daraus?

Aktuell suchen mehr als 50 % der Internetuser online nach medizinischen Informationen. Diese Interessenten sprechen wir mit unserem Online-Angebot an.

Die Kontaktwege wurden primär so gewählt, um eine möglichst ausführliche Kommunikation zu ermöglichen. Unsere Klienten können uns von überall und zu jeder Zeit kontaktieren, egal ob sie zu Hause oder unterwegs sind oder sich abends oder gar am Wochenende mit uns in Verbindung setzen. Unabhängig von Öffnungs- oder Sprechzeiten. Es gibt keinen Zeitdruck, keine Zeichenbegrenzung und keine begrenzte Anzahl der Nachfragen wie man es beispielsweise bei einem großen Online-Medizinportal handhabt.

Darüber hinaus, vergisst man häufig Fragen im persönlichen Gespräch mit seinem Arzt; durch den E-Mail-Kontakt besteht jedoch die Möglichkeit sich wirklich alles von der Seele zu schreiben, was man möchte.

Im Endeffekt können wir durch den sehr ausführlichen Schriftwechsel zwischen unseren Klienten und Leibdoctor ein wirkliches Vertrauensverhältnis aufbauen.

Neben den eben angesprochenen Vorteilen, muss man natürlich sagen, dass dadurch nur Internet-affine User angesprochen werden und so exemplarisch ältere Menschen durch unser Raster fallen, die das Internet nicht nutzen. Immer häufiger werden wir in diesen Fällen jedoch von deren Kindern oder Angehörigen kontaktiert, so dass wir über zwei Ecken auch die Ratsuchenden erreichen, die nicht online sind.

Wir stellen im Übrigen im Rahmen unserer Flatrate-Betreuung (für längere Krankenhausaufenthalte oder schwerwiegende Erkrankungen) eine Art Notfalltelefon zur Verfügung. So etwas bieten beispielsweise auch onkologische Praxen oder Palliativmediziner an. Zum Teil kommt es vor, dass wir dann von Patienten oder deren Angehörigen außerhalb der normalen Dienstzeiten kontaktiert werden, weil sie verzweifelt sind oder ihnen etwas unklar ist. In diesen Fällen beraten und klären wir dann telefonisch alles, was ihnen auf der Seele liegt.

Die Beratungsleistungen sind in vier Kategorien unterteilt. Welche dieser Kategorien wird (derzeit) primär nachgefragt? Oder anders formuliert: wo gibt es den größten Bedarf?

In der Medizin hat ja leider der Ökonomisierungsdruck Einzug gehalten, was dazu führt, dass Ärzte nicht mehr wirklich menschenorientiert arbeiten können und Patienten sich oft wie in einer Massenabfertigung fühlen. Entsprechend gibt es häufig nicht genügend Zeit für die Patienten all ihre Fragen stellen zu können oder Probleme mit den Ärzten zu besprechen. Unsere Interessenten berichten uns immer wieder, dass sie sich alleingelassen, nicht ausreichend informiert und auch nicht wirklich aufgehoben fühlen.

Entsprechend erleben wir den größten Bedarf in Bezug auf die alltäglichen medizinischen Fragen. Hier handelt es sich meist um Kleinigkeiten, deren Erklärung jedoch in der Praxis oder im Krankenhaus auf der Strecke bleibt. Viele Patienten besitzen ein gesundes Informationsbedürfnis, das über Sätze wie „Ihre Blutwerte sind nicht ganz in Ordnung“ hinaus geht. Häufig werden wir kontaktiert, um Entlassungsbriefe oder Reha-Berichte zu besprechen, um radiologische Befunde zu übersetzen, um Laborbefunde ausführlich zu erläutern und um Fragen in Bezug auf Behandlungsmöglichkeiten zu beantworten.

Das glücklichste und dankbarste Feedback erhalten wir übrigens von Patienten in unserer Flatrate-Betreuung.

Prinzipiell umfasst die Beratung alle medizinischen Fachgebiete. Wie stellen Sie die Qualität der Beratung für jede einzelne Anfrage sicher?

Um die Qualität unserer Beratung für jede einzelne Anfrage sicherzustellen, können wir – neben unserem eigenen fundierten Wissen – auf ein über die Jahre angelegtes, breites Netzwerk aller medizinischer Fachrichtungen zurückgreifen. Diesem Netzwerk gehören nur Mediziner oder Fachleute an, denen wir vertrauen und von deren Kompetenz wird überzeugt sind.

Man muss jedoch ganz klar konstatieren, dass wir nicht an der ärztlichen Versorgung der Patienten teilnehmen. Eine Behandlung gibt es bei uns ebenso wenig wie Therapievorschläge. Wir sind lediglich beratend und unterstützend tätig.

Ein Fokus von Leibdoctor liegt auf der menschlich-emotionalen Betreuung der Klienten. Welche Relevanz hat dieser Aspekt für Ihre Kunden?

Bisher haben wir bezüglich unserer persönlichen Betreuung ausschließlich sehr positives Feedback erhalten. Wir sind überzeugt, dass unsere empathische Beratung der Grund ist, weswegen die Ratsuchenden sich für uns entscheiden. Prinzipiell gäbe es ja Medizinportale im Internet, bei denen sie Antworten auf ihre Fragen bekämen. Diese sind jedoch in Bezug auf die Beantwortung der Fragen absolut konträr zu dem, für was wir bei Leibdoctor stehen. Insofern besitzt dieser Aspekt sehr hohe Relevanz für unsere Klienten.

Digitalisierung im Gesundheitswesen ist ein aktuelles Thema. Wo sehen Sie Ihr Angebot in diesem Kontext?

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist ein wichtiges Thema. Allerdings darf man darüber nicht andere wichtige Themen wie die Patientenbetreuung vergessen. Es ist schön und gut, wenn Ärzte im Krankenhaus bei der Visite mittlerweile mit einem Computer ausgestattet sind, und ihnen auf einen Mausklick hin alles aus der Patientenakte auf dem Bildschirm angezeigt wird. Man darf darüber nur eben nicht vergessen, dass der Patient bei der ganzen Digitalisierung auf der Strecke bleibt, weil niemand Augenmerk darauf legt, was die Bedürfnisse der Patienten sind.

Unsere Leibdoctor-Betreuung geht auf das Bedürfnis nach mehr menschlicher Interaktion im zunehmend digitalisierten medizinischen Bereich ein und füllt die Lücke, die momentan in der Gesundheitsbetreuung zwischen Bedürfnis der Patienten und konkretem Betreuungsvermögen der Mediziner klafft.

Wir sehen uns als medizinisches digitales Helferlein, da gerade für kranke Menschen der persönliche Kontakt und ein richtiges Vertrauensverhältnis zum behandelnden Arzt ein wichtiges Bedürfnis ist. Insofern stellt die Betreuung durch Leibdoctor ein wichtiges unterstützendes Angebot im Rahmen der Digitalisierung des Gesundheitswesens dar.

Die 3 wichtigsten Vorteile von Leibdoctor sind…?

  • Die vertrauensvolle Beratung und Betreuung durch den persönlichen Leibarzt, der die Patienten und ihre Anamnesen noch so kennt, wie man es nur früher von den Hausärzten kannte. Wir bei Leibdoctor begleiten unsere Klienten und ihre Krankengeschichte.
  • Ratsuchende können uns von überall und zu jeder Zeit kontaktieren.
  • In Leibdoctor haben Ratsuchende einen Arzt, der auf ihrer Seite und für ihre Anliegen kämpft.

Abschließend noch eine Frage zu den Zukunftsplanungen: Wo steht „Leibdoctor“ mittelfristig, also in 3 bis 5 Jahren?

Mittelfristig planen wir effizient und organisch. Wir möchten unser Team mit Herz und Kompetenz erweitern, um noch mehr Ratsuchenden unsere Leibdoctor-Betreuung zu ermöglichen. Wir wollen erreichen, dass Arzt und Patient wieder eine Einheit sind und dass Patienten, die bisher mit ihrer medizinischen Versorgung unzufrieden waren, in uns einen verlässlichen und empathischen Ansprechpartner wissen, eben ihren persönlichen Leibdoctor.

Herzlichen Dank für das Gespräch!


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